Wenn die Großzehe abknickt und dafür der Mittelfußkopf seitlich hervorkommt – spricht man von einem Hallux valgus. Der sogenannte Ballenzeh ist aber nicht nur unschön, sondern auch schmerzhaft. Verschiedene Operationsmethoden versprechen Linderung.

Etwa 80 Prozent der Deutschen sind fußkrank, überwiegend Frauen. Die häufigste Krankheit ist der Ballenzeh, lateinisch Hallux valgus. Dabei spielen genetische Veranlagung wie ein anfälliges Stütz- und Bindegewebe, hormonelle Einflüsse, Belastungen durch Schwangerschaft und Geburt eine Rolle. Aber auch die Mode – zum Beispiel das Tragen von engen, spitzen Schuhen mit hohen Absätzen.

Auch wenn Frauen deutlich häufiger betroffen sind, kann man zu enge Schuhe und hohe Absätze nicht alleine verantwortlich machen. Vor allem der Spreizfuß fördert die Entstehung. Männer sind nur zu 15 Prozent betroffen. Der sogenannte Ballen ist aber kein, wie häufig vermutet, zuviel an Knochen (Überbein). Beim Hallux valgus handelt es sich um eine Verschiebung des hervorstehenden Knochenanteils ("Ballen") zum Kleinzehen hin. Wenn die Großzehe deutlich seitlich stark abknickt und der Mittelfußkopf hervorsteht, kommen die Nachbarzehen in Platznot. Das Gelenk bildet allmählich eine Beule am Rand der Fußinnenseite und bekommt den ganzen Druck, der an dieser Stelle von den Schuhen ausgeht, ab. Die Folge ist eine Fußdeformität, der Ballen.

Bei ausgeprägten Fehlstellungen kann sich die Großzehe über die zweite Zehe legen; dann hilft nur eine Operation. Zur Zeit kennt man weit über 100 OP-Methoden, die zum Teil Modifikationen der wichtigsten Operationen darstellen, um die Fußkrankheit Hallux valgus zu operieren. Wurde früher bei den operativen Eingriffen oft das Gelenk herausgenommen oder zerstört, kann heutzutage mit den neuen, gelenkschonenden Operationsmethoden ein Hallux valgus in den meisten Fällen gelenkerhaltend und problemlos behoben werden.

Dennoch: Je länger von den Betroffenen abgewartet wird, desto schwieriger ist es, die Fehlstellung optimal zu operieren. Wichtig ist vor allem, dass eine Patientin einen Spezialisten oder erfahrenen Fußchirurgen aufsucht, der die für sie richtige Operationsmethode gewissenhaft auswählt.

Hallux valgus unter dem Messer

Die operative Versorgung des Hallux hat in der Bevölkerung und auch unter zuweisenden Hausärzten noch immer einen schlechten Ruf. Bei der Vielzahl an Techniken kann nicht jede Methode gleichermaßen erfolgreich sein. Unter spezialisierten Fußchirurgen haben sich in den letzten Jahren jedoch ein gutes halbes Dutzend Operationen durchgesetzt und auch in Langzeitstudien bewährt.
Die Chevron-Osteotomie ist für leichte bis mittelschwere Formen des Hallux valgus geeignet. Es sollte noch keine wesentliche Gelenkveränderung vorliegen. Bei der Chevron-Osteotomie wird eine V-förmige Knochendurchtrennung (Osteotomie) in Höhe des ersten Mittelfußköpfchens durchgeführt. Das Mittelfußköpfchen wird danach nach außen verschoben und mit einer kleinen Titanschraube wieder stabil fixiert. Anschließend wird noch eine Kapselraffung auf der Innenseite durchgeführt. Dieser Eingriff ist auch für eine Hallux valgus Korrektur bei Jugendlichen geeignet, da hierbei keine Wachstumsfugen verletzt werden.
Die Scarf-Osteotomie hat sich in den letzten Jahren vor allem in Europa als beliebte Technik etabliert. Sie zählt zu den Techniken der distalen Korrekturen: Sie wird also im Vorderfuß durchgeführt. Das Korrekturpotential ist dabei aufgrund der Schnitttechnik sehr groß und exakt kontrollierbar. Durch den z-förmigen Knochenschnitt des ersten Mittelfußknochens lässt sich das Gelenk der Großzehe ausrichten, so dass die Zehe selbst wieder gerade darauf "steht" und zentriert ist. Damit die Zehe ohne Spannung in diese Position gebracht werden kann, muss die verkürzte Gelenkkapsel auf der Außenseite gelöst werden. Der Knochen wird mit feinen Schräubchen fixiert, so dass eine Mobilisation in Spezialschuhen bereits ab dem ersten Tag, nötigenfalls schon am Operationstag, möglich ist. Nach 4 – 5 Wochen ist der Knochen noch nicht geheilt, meist aber schon so stabil, dass wieder normales Schuhwerk getragen werden kann.
Die Lapidus-Operation und ihre Modifikation sind meist für ausgeprägtere Formen der Hallux-Fehlstellung, welche durch eine distale Korrektur wie der Scarf- oder Chevron-Osteotomie nicht korrigiert werden können. Für diese Fälle liegt die Lösung weiter proximal, also näher zum Körper hin. Radiologisch kann der Ursprung der Fehlstellung auf das erste Mittelfußgelenk fokussiert werden. Getreu dem Grundsatz, eine Fehlstellung an ihrem Ursprung zu korrigieren, wird bei der Lapidus-Methode die achsenkorrigierende Versteifung dieses Gelenkes vorgeschlagen. Das hat sich in der Praxis bewährt, ohne die Beweglichkeit in den Mittelfußgelenken wesentlich einzuschränken. Von den Patienten wird dies denn auch kaum bemerkt. Postoperativ ist das Gelenk der Großzehe zentriert und die Fehlstellung ist korrigiert. Die Zeit bis zur sicheren Verheilung der Versteifung nimmt gut und gerne zwei Monate in Anspruch. Für diese Zeit ist eine Entlastung notwendig in einem Spezialstiefel.

Nachbehandlung

Nach Korrekturoperationen an der Großzehe wird regelmäßig ein spezieller Verband angelegt, der die Zehe durch entsprechenden Verbandzug in der gewünschten Position fixiert. Diese Verbandtechnik wird beibehalten bis zum Entfernen der Fäden etwa 12 Tage nach der Operation. Anschließend wird zur Nacht über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten eine Hallux valgus-Nachtschiene getragen.
Unmittelbar nach der Operation kann der Fuß in einem speziellen Verbandschuh mit einer festen Sohle in aller Regel voll belastet werden. Dieser Verbandschuh wird bis zu sechs Wochen nach der Operation beibehalten. Eine Entfernung der eingebrachten Titanschrauben bzw. Titanplatte erfolgt nach frühestens drei Monaten. Die Schrauben können auch dauerhaft verbleiben, sofern sie keine Beschwerden verursachen.
Nachdem der Verbandschuh entfernt wurde, kann langsam wieder normales Schuhwerk getragen werden. Doch sollten die folgenden Wochen auf jeden Fall bequeme Schuhe mit Spezialeinlagen bevorzugt werden. Dann kann man langsam versuchen, Schuhe ohne Einlagen anzuziehen. Aber flach sollten sie dennoch sein. Und nach einigen Monaten können auch wieder mal für kurze Zeit die Pumps aus dem Schrank geholt werden.

Experte (u.a.) im Beitrag: Dr. med. Christian Kinast
Orthopädie Zentrum Arabellapark München

Von Manfred Schramm
Stand: 04.11.2008 www.br-online.de